Ferry Partsch berichtete in der Ausgabe 1 des Jahres 2003 der Zeitschrift Gildenweg auf den Seiten 3-6 über das 35. Jubiläum von Großarl.
Das Leitwort des Veranstaltungsleiters Helmut Hauer lautet: „Jedes Forum muß ein besonderes Forum sein!“ Wieder ist es ihm und seinem Team gelungen. 35 Jahre ist kein sehr rundes Jubiläum, aber mir ist in der Gildenwelt keine Veranstaltung von solcher Bedeutung bekannt, die eine solche Kontinuität in der gezeigten Qualität über die Jahre bewahren konnte. Ohne Gegenwart und Zukunft bei der Programmgestaltung aus dem Auge zu verlieren, bot der Termin Anlaß zu Rückblicken.
Großarl: Vom stillen Tal zum Touristenziel
Vor 35 Jahren fiel die Wahl für eine Veranstaltung auf Großarl, weil es weitestgehend touristenfrei, aber aufgeschlossen war. Heute hat die Zahl der Nächtigungen im 5000-Seelen-Tal schon im Jahr 2.000 400.000 Übernachtungen überschritten, was eine Steigerung von über 50 Prozent innerhalb von drei Jahren bedeutete. Die Wertschöpfung aus dem Fremdenverkehr beträgt in Großarl rund Euro 5000,– und liegt damit weit über dem Landesdurchschnitt.
Aufgeholt hat der Som-mertourismus. Das Verhältnis Winter zu Sommer liegt bei 60 zu 40 Prozent. Das Forum konkurriert nun mit Veranstaltungen wie Mountainmania, Musikantenfestivals, Bauernherbst, Seniorenwochen, Lady-Skiwochen etc. Dennoch hat es im Leben des Tals eine besondere Bedeutung. Bei keiner Veranstaltung ist der Kontakt zwischen Einwohnern und Gästen so innig. Eine über die Jahre gewachsene Freundschaft.
Die Teilnehmer
384 Teilnehmer aus 24 Nationen. Die Organisatoren mußten wieder neue Flaggen anschaffen (z. B. Tunesien). Die Österreicher waren mit 93 Teilnehmern gut, aber nicht rekordverdächtig vertreten. Beachtenswert der 2. Platz der Deutschen mit 71 Teilnehmern. Das sind mehr als 10 Prozent der Mitglieder des deutschen Verbandes. Den 3. Platz nahmen überraschenderweise die Griechen mit 45 Besuchern ein. Eine große Gruppe aus der Gildenhochburg Kozani hatte die Reise organisiert und Teilnehmer aus Athen, Thessaloniki und anderen Landesteilen hatten sich angeschlossen. Verläßliche Stammgäste wie immer die Dänen mit 43 Teilnehmern, Italien mit 19 etwas stärker als sonst.
Als hochrangige Gäste konnten wir die Vorsitzende des Weltkomitees Helen Barker und die Generalsekretärin des Weltverbands, Faouzia Kchouk begrüßen. Die Damen schienen beeindruckt und versprachen Wiederkehr. Der Landesverband der PPÖ Salzburg nahm zum Eröffnungswochenende teil. Wer fast immer dabei war: der Bürgermeister des Ortes, sein Stellvertreter und der Gemeindesekretär.
Die Eröffnung
Die Gemeinde hatte auf dem Marktplatz alles aufgeboten, was sie an Vereinen zu bieten hat. Die Schützen schossen Salut, Peitschen knallten, verschiedene Vereine waren angetreten, um vom Forum Ehrenbänder an ihre Fahnen geheftet zu bekommen. Auch die Teilnehmer konnten etwas anknüpfen, nicht nur neue Beziehungen, sondern meterlange Bänder in den Landesfarben, die als Zeichen der Einheit zu einem etwa 300 Meter langen Band in emsigem Bemühen zusammengeknüpft wurden.
Bei der anschließenden Eröffnungsfeier in der Kirche gab es wohltuend kurze Reden durch die Präsidentin des Weltbüros und den Präsidenten der PGÖ. Neben der traditionellen Entzündung der großen blauen Kerzen für jede Nation durch einen ihrer Teilnehmer in Landestracht konzertierten die „Royal Harmonists“, eine Gesangsgruppe von Studenten des Borromäums Salzburg, in vielen Sprachen, bei denen auch Griechisch und Suaheli nicht fehlten.
35 Jahre Großarl
Dem geschichtlichen Rückblick war eine von Elisabeth Harlander gestaltete Ausstellung im Gemeindehaus gewidmet, die großen Anklang fand. Sie wird bis zum Gildetag im Mai dort verbleiben. Hanns Strouhal gestaltete eine informative Festschrift. Ein Festabend am Donnerstag brachte eine Besinnung an die Anfänge. Ein Film zeigte die Gestaltung des Forums etwa in der Hälfte der Jubiläumsjahre. Es war für viele langjährige Teilnehmer eine große Freude und Genugtuung, den Gründer des Forums, Erich Cevela, nach Jahren der Abstinenz wieder dabei begrüßen zu dürfen. Langanhaltender Applaus bezeugte die Achtung gegenüber dem Gründer.
Das Forumsgespräch
Es war den Organisatoren gelungen, Frau Außenminister Benita Ferrero- Waldner zu einem Vortrag und einer Diskussion zum Thema „Österreich und die Erweiterung der Europäischen Union“ zu gewinnen. Bemerkenswert, wie gekonnt die Frau Minister in drei Sprachen ohne geringste Stockung sprach und wie präzise sie ihre Argumente vorbrachte. Österreichische und aus- ländische Teilnehmer waren beeindruckt.
Das Forum: eine Veranstaltung, die die Kommunikation fördert
Das Programm zwingt die – darüber durchaus erfreuten – Teilnehmer zur Kommunikation zwischen Nationen und Regionen. 23 „Hoagascht-Runden“ in Privathäusern und Gaststuben in Großarl und Hüttschlag vereinten internationale Runden und einheimische Referenten zu Themen aus dem Bereich des Tals, wie Eisschützen, Volkslied, Kirche, Lawinenhunde, Alpenverein, Nationalpark, Almwirtschaft, Bergbahnen, Jagd, Feuerwehr, Religion, Schnapsbrennen, Land- wirtschaft, Gemeinde usw. usw.
„Europa tanzt“
Wie jedes Jahr gab es auch heuer einen Ball. Im Unterschied zu vergangenen Jahren nicht als Gedränge im Saal der „Post“, sondern aufgeteilt auf vier Lokale, so daß jeder seine Art der Musik in Ruhe und ohne Gedränge genießen konnte.
Als ein Höhepunkt wurde von vielen der Programmpunkt „Europa erleben“ empfunden. Im Turnsaal der Schule konnte man Europa mit Auge, Ohr und Gaumen erleben. Für die einzelnen Nationen waren Stände vorbereitet worden, wo sie Produkte ihrer Länder, hauptsächlich eß- und trinkbare, feilboten. Die Marketender und Marketenderinnen waren in Nationaltrachten angetreten. Auf der Bühne konnten die Delegationen Heimatliches darbieten. Vom österreichischen Bandltanz über das deutsche Volkslied und die finnische Ballade reichte der Bogen bis zu einer über die Bühne hüpfenden Pippi Langstrumpf. Der erstaunlich große Vorrat an griechischem Metaxa und Ouzo, italienischem Wein, skandinavischem Aquavit und schottischem Whiskey mit zwischen- gelagerten Happen von französischer Pastete, österreichischem Verhackerten, baltischen Schmankerln und anderen Genüssen brachte die Stimmung auf einen Höhepunkt.
Gesellschaftliche Ereignisse ernsterer Art waren das Friedensgebet, ein leider sehr aktueller Anlaß, um für den Frieden auf der Welt zu beten, was Teilnehmer der Nationen auf ihre Weise zum Ausdruck brachten.
Der Besuch im Altersheim durch eine Delegation Freiwilliger war für die dortigen Bewohner eine sehr willkommene Unterbrechung ihres sonst eher eintönigen Daseins.
Eine gute Tat gibt es jedes Jahr in Großarl
Das Hochwasser in Österreich, Deutschland und Tschechien hatte viele Aktionen von Pfadfindern und Gilden ausgelöst. Drei Pfadfinderheime in Österreich, in Salzburg und dem Waldviertel, hatten besonders gelitten. Meterhoch unter Wasser, waren sie zunächst unbenützbar. Zu ihren Gunsten wurde ein Flohmarkt veranstaltet, den Hedi Kludak und Mimi Kozumplik mit großem Einsatz betrieben. Am Ende konnten über 3.000 Euro den Vertretern der Pfadfinderjugend übergeben werden.
Ein Forum ohne sportliche Ereignisse gibt es nicht
- Der Schützenverein würde sich sehr wundern, wenn einmal Zimmergewehrschießen nicht auf dem Programm wäre. Keine Sorge, das wird nicht sein. Bedenklich höchstens, daß die Sieger früherer Veranstaltungen wieder mit Lorbeeren nach Hause gingen. Elisabeth Görtler und Klaus Jensen verwiesen die anderen Teilnehmer auf die Plätze.
- Beim Eisstockschießen gibt es keine Einzelsieger, die gewinnende Moarschaft setzte sich aus Teilnehmern von fünf Nationen zusammen.
- Beim Rodelwettbewerb konnte man nur bedingt durch forsches Rodeln punkten. Wichtig waren Kondition beim Bergauflaufen, beim Luftballonaufblasen und beim Schneeballwerfen. Gerhard Winter in seiner gewohnt dezenten Art und die Gilde Prinz Eugen boten mit über 20 zusammengelosten Rodelpaaren den in der Anzahl überlegenen Zuschauern ein lustiges Rennen.
- Ja, und Skifahren kann man auch in Großarl. Manche tun das hauptsächlich. Der Wettergott sorgte nach anfänglicher Zurückhaltung für entsprechenden Schneenachschub, leider nicht nur in der Nacht.
- Für das Gros der Nichtskifahrer standen an die 20 Wanderziele zur Verfügung, wo Bauern bodenständige Speisen und Getränke bereithielten und mit einem Hüttenbuch drohten. Fast alle Ziele waren gut besucht und eine wirkliche Stätte der Kommunikation, denn wenn man nach einer längeren Wanderung gemütlich sitzt und draußen nicht wirklich die Sonne lacht, bleibt man gerne noch ein bißchen beim Plaudern.
Großarl und die Gildenwelt
Die Anwesenheit so vieler Gildenfreunde aus so vielen Nationen wurde von der anwesenden Vorsitzenden des Weltkomitees und der Generalsekretärin für eine Stunde I.S.G.F. informiert genutzt, zu der sich viele Teilnehmer im Turnsaal einfanden. Wie in den letzten Jahren nutzten die Delegierten zur Subregion Zentraleuropa das Forum, um die jährliche Zentral- europa-Konferenz unter Leitung von Rösle Frick (Liechtenstein) abzuhalten.
Last, but not least: Kulturelle Ereignisse
Anläßlich des 35. Geburtstags des Forums lud die Stadt Salzburg zu einem musikalischen Empfang in die Residenz ein. Etliche Busse kämpften sich nicht ohne Schwierigkeiten nach Salzburg. Die Salzburger Mozartsolisten boten Joseph Haydn, ein Vertreter der Stadt eine auffallend kluge Wortspende und das Buffet Sekt und Erfrischungen. Der Abend war „frei“, außer man schloß sich einer der Einladungsrunden an, wo man zum Beispiel bei den Griechen musikalisch und kulinarisch unterhalten wurde oder bei den Deutschen selbst die Stimme (gesanglich) erheben konnte. Der Freitag ist traditionellerweise auch einem kulturellen Ereignis vorbehalten. Dieses Ereignis war diesmal die Gruppe „Musical Affair“, eine Gruppe von sechs Sängern und Tänzern, die Ausschnitte aus bekannten Musicals brachten. Die Tatsache, daß zu der Gruppe noch eine, die Zahl der Künstler übertreffende, Technikercrew gehörte, die für die entsprechende Licht- und Laut-Kulisse sorgte, schockierte am Anfang die Zuseher (und besonders die Zu-Hörer), ein Schock, der zunehmend in Begeisterung umschlug.
Was bleibt also von Großarl 2003?
Die Auffrischung vieler alter Freundschaften, die Gewinnung neuer. 70 Teilnehmer waren das erste Mal dabei, Wiederholungstäter gibt es viele. Es bleibt die Erinnerung an eine gelungene Veranstaltung, der Dank an die Organisatoren, die viel Arbeit auf sich genommen haben, und die Vorfreude auf den nächsten Besuch. Anmeldungen für 2004 liegen bereits vor, und wer sich nach Erscheinen dieses Berichts anmeldet, hat nur noch wenig Chancen, unter die ersten 100 zu kommen.
Ich bin schon dabei.
Ferry Partsch
Dieser Beitrag erschien zuerst im Gildenweg, Ausgabe 1 des Jahres 2003 auf den Seiten 3 und 6.
Neueste Kommentare